JournalisMus

Veröffentlicht am 2. Januar 2023 um 23:00

JournalisMus aus der Konserve,

oder, als meine Bloggeslust entstand.

 

Hallo liebe Lehmfärber und Lehmfärberinnen,

 

da las ich doch neulich einen Artikel aus der TAZ.

Tschuldigung ich falle schon wieder mit der Tür ins Haus. Also von vorn.

 

Unsere Lehmfarben liegen mir sehr am Herzen. Aber da ist die Welt natürlich und unnatürlich nicht zu Ende. Also, dachte ich, gönn ich mir, Tante Google zum Trotz, hier ab und an auch mal den Luxus des Thema verfehlens. - Und keine Angst, es wird natürlich auch um Lehmfarben und etwas andere Gedanken dazu gehen.

Am besten ich stelle mich und meine Motivation über die lehmfarbige Brille hinaus, mal kurz vor. Ich bin nun "schon" seit 1963 auf dieser Welt, sozialisiert in der DDR Provinz (nicht alle lebten damals in der Sonnenallee) mit viel optischem und verordnetem Gesinnungsgrau.             

Aber, Farbe ins Grau bringen, das haben wir damals auch schon, meist ohne Genossen, genossen. Vielleicht deswegen meine Affinität zu Farben und später zu Lehmfarben. Mittlerweile gehöre ich, aus mancher Gesinnungsblase betrachtet, in die Schublade der toxischen alten weißen Männer. Manche sagen auch Boomer dazu. Also nichts aufregendes. Ich gehöre sozusagen noch zur Mehrheit, darf mich also auch nicht diskriminiert deswegen fühlen. Warum schreibe ich das? Ach genau, also noch mal von vorn, von neulich. Neulich, beim Informieren und Recherchieren über Lehm und die Welt überfiel mich mal wieder eine erhöhte Adrenalinkonzentration und es war der eigentliche Ausschlag für die Entstehung meiner Bloggeslust. 

Las ich doch die Tage einen Artikel von einem gewissen Enno S., der über die Boomer (Boomer gehört offenbar nicht auf den Index der diskriminierungsfreien Korrektschreiber) verallgemeinernd herumschwadronierte. Diese (also die Boomer) würden die Klimakrise durch eigenen Verzicht bekämpfen wollen. Er meinte, wenn er an die Klimakrise denke, kämen ihm weder Schweinsbraten, noch nachhaltige Mode in den Sinn. Seine 3 Top-Klima-Buzzwords wären die multinationalen Großkonzerne, der globale Norden und die reichsten Top1% der Bevölkerung. Dort solle Klimaschutz anfangen. Die Luisa Neubauer nebst Ihren Jünger:innen hätte das durchschaut und stelle genau das und nicht ihr Konsumverhalten in den Mittelpunkt. "Der Fokus liegt nicht bei uns selbst, sondern bei den Mächtigen". Und dann macht er das Problem per Rechnung auf, das der Großteil der Macht, sich auf die Altersgruppe ab ca. 55 Jahre verteile. Vielleicht erkläre es sich so, das Herr Özdemir ein informatives Fleischlabel einführen will aber der verordnete Kohleausstieg bis 38 aber viel zu spät wäre. Gähn und Adrenalin zugleich, erwischt mich bei solch polemischer zummenhangsamputierter Politisiererei. Ganz effizient, raz taz bei der Leserzielgruppe angebiedert. Beeindruckend.

Ich denke mal, mit dem so suggerieren, dass man selbst ja nicht viel machen kann (und somit braucht), baut man sich hier einen bequemen Fluchtweg. Noch einfacher macht man es sich, wenn man sagt, das müssen "die da oben" alles anders machen, ohne auch nur ansatzweise Lösungswege zu benennen. Leider fällt mir die Klimabewegung auch oft vor allem damit auf, Probleme zu benennen, die in Wirklichkeit längst bekannt sind. Aber ich finde erstaunlich wenig Interesse an Konstruktivem, egal ob das nun wirtschaftlicher, politischer, philosophischer oder technischer Art wäre. Naja, vielleicht habe ich zu wenig danach gesucht?

Und, mir dreht sich schon wieder alles um, weil wie so oft von vermeintlich seriöser Seite Konflikte stilisiert werden. Hier ist es mal wieder der Generationenkonflikt. Es gibt nicht nur die "Generation Z" und die "Boomer", es gibt mindestens zwei Generationen dazwischen, immer noch eine Menge Leute, die älter sind als wir Boomer und auch nicht zu vergessen die heutige Kindergeneration. Der hier dargestellte Generationenkonflikt ist für mein Empfinden ein gefährliches Konstrukt. Tatsächlich gibt es in jeder Generation Menschen, die sich überhaupt nicht fürs Klima interessieren, solche die nach pragmatischen Lösungen bei sich selbst und in der Politik suchen und solche, die ihren moralischen Selbstwert künstlich erhöhen, indem sie permanent die Probleme benennen und mit dem Finger auf andere zeigen.

Wollte ich in das gleiche Horn blasen viele mir auch genug ein: Welche Generation fährt in Großstädten Fahrrad und welche E-Roller? Welche Generation hat bei der Wahl 2021 mehrheitlich finanziellen Wohlstand und Tempo ohne Limit, also FDP gewählt? Wer scheint mit seinen digitalen Endgeräten verwachsen zu sein (Schon mal über den Energiebedarf bei Tante Google und Co nachgedacht) ? 

Während man das große Ganze betrachtet, kann man schließlich gleichzeitig auch den eigenen Konsum kritisch betrachten und deutlich reduzieren. Mir ist die Betrachtungsweise des Autors vornehm ausgedrückt, etwas zu schlicht. Gedankenloser und/oder egoistischer Konsum findet sich schließlich in allen Schichten der Bevölkerung.
Solange sich Konsumenten finden (egal, ob jung oder alt) für die Erzeugnisse der multinationalen Großkonzerne, solange auch Kleinaktionäre Anteile an klimaschädigenden Unternehmen halten, solange klima-ignorante Parteien gewählt werden und vor allem solange wir immer einen Grund finden, unseren ganz privaten Konsum nicht zu reduzieren, solange wird sich nichts ändern.

Und ich, ich schaffe es leider nicht immer, dieses unsortierte Informationsschüttgut mit dem wir täglich zugekippt werden noch als erträglich zu empfinden. Vielleicht weil ich spüre, das das Grau wieder Einzug hält. Sicher, es ist ein schrilleres nicht so dumpfes Grau wie damals. Es wird nicht mehr politisch aufoktruiert. Heute wird eher ganz freiwillig gleichgeschaltet schwadroniert, so mit Eventcharakter . Keine Ahnung woran das liegt mit der grauen Journaille und ihren immer gleichen Themen und Einschätzungen. Es erinnert mich an eigentlich vergangene Zeiten. Agitprop hieß das damals, vom Staat verordnet. Wer verordnet es heute? Die finanzielle Enge, die voneinander abschreiben lässt, anstatt zu recherchieren ? Die Quotenabhänigkeit, die dem eigenen Klientel zum Munde schreiben muss ? Oder ist es intellektuelles Kastendenken, Angst davor, mit meiner Meinung alleine zu stehen. Ich bin weit davon entfernt, den Lügenpressekrakelern recht zu geben, bin aber auch nicht sehr verwundert, über solch eine Einstellung. Oberflächliche themenbeschränkte "Qualitätsmdien“ sind sicher auch nicht an allem Schuld, aber zumindest sind sie ein Puzzleteil unseres Egomansozialverhaltens. Und wenn man Meinungswut nicht für gut befindet , muss man diese auf der anderen Seite mit solcherlei Bärendiensterweisung noch größer machen?

 

Euch eine schöne Woche,

bis zur nächsten Bloggeslust,

Ihr Andreas Tietz aus der Lehmfa[r]brik

 

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